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Hercules Wankel W 2000 von Martin
Im Januar 2007 habe ich eine Seltenheit in die Sammlung aufgenommen. Eine Hercules Wankel von 1975, im Volksmund wegen dem Lüfterrad am Motor als Staubsauger bekannt. Es handelt sich um eine von exakt 1.784 gebauten Hercules Wankel W 2000. Es ist die erste Version, die mit 1:25 Gemisch getankt werden muss. Die Modelle aus 1976 ab Rahmennummer 1.337 waren mit Getrenntschmierung mit einem Öltank ausgerüstet.

Platz im Wohnzimmer
Es ist ein richtiger Scheunenfund gewesen. Ein Arbeitskollege fragte mich im Winter 2006/2007 irgendwann so nebenbei, ich würde doch ältere Motorräder fahren und viele Motorradfahrer kennen. Ob ich nicht jemanden kennen würde, der Interesse an einem Wankel-Motorrad hätte. Mehr als Motorrad und Wankel wüsste er auch nicht darüber und schon drückte er mir eine Telefonnummer in die Hand. Also hab ich angerufen, aha, eine Hercules Wankel. Ich kannte bis dahin nur die RE5 von Suzuki, die ich sogar schon mal fahren gesehen hatte. Aber W 2000 sagte mir erstmal nichts. Bei der Recherche im Internet erkannte ich sie wieder, die hatte ich schon mal im Museum gesehen. Aber entgegen gekommen ist mir auf der Straße noch keine. Also nichts wie hinfahren, hab sie mir angesehen und bin mir auch schnell mit dem netten Vorbesitzer einig geworden. Zwei Wochen später wurde sie mit dem Anhänger abgeholt und da die Garage voll war, wurde halt im Wohnzimer Platz gemacht.


zerlegen und reinigen
Mindestens 20 Jahre hat sie laut Vorbesitzer gestanden. Die Reifen sind noch aus den 1970er Jahren, also wird sie Anfang der 1980er stillgelegt worden sein. Also eher 30 Jahre Standzeit. Zum Glück wurde sie in einer trockenen Halle aufbewahrt, weshalb der Rost sich in Grenzen hält. Die Laufleistung von über 34.000 Kilometern, penibel aufgezeichnete Ölverbräuche und eine krumme Lampenhalterung lassen darauf schließen, dass die W 2000 im Alltag gut rangenommen wurde. Also wird sie Schritt für Schritt zerlegt, gereinigt und Bestandsaufnahme gemacht.


Rost am Rahmen
Die W 2000 ist soweit vollständig, komplett original und der Motor dreht. Was will man mehr. Wie auf dem Bild zu sehen, ist der Rahmen und die Schwinge hinten schon ganz ordentlich angerostet. Da wird wohl eine Lackierung fällig sein. Alle sonstigen Anbauteile sehen von aussen verhältnismäßig gut aus. Die Räder sind schnell wieder auf Hochglanz poliert, das Schutzblech vorne glänzt nach der Reinigung wieder sehr schön. Von den Armaturen wird in stundenlanger Arbeit eine dicke Schmodderschicht entfernt.


Der Tank ist zurück
Wegen der schlechten Erfahrungen mit Suzukitanks nach längeren Standzeiten gilt der nächste Blick dem Inneren des Wankeltanks. Uuaahhh, da riecht man den Rost schon. Als mein Profi-Tankbeschichter ein paar Tage später den Tank in der Hand hält und begutachtet, verdreht er die Augen und meint: "Auahauahaa! ... aber keine Sorge, es gibt ja kein Problem, was wir nicht noch verschlimmern können". Zwei Wochen später kann ich den Tank aber entrostet und beschichtet abholen. Gut, dass die damals so dickes Blech verwendet haben, das war noch Qualität.


Motor W 2000
Der Vergaser wurde im Ultraschallbad gereinigt und mit neuen Dichtungen und neuer Membran versehen. Über die Hercules Wankel IG habe ich Kettenräder und eine neue Kette sowie einen neuen Benzinhahn und einen Bremskolbenreparatursatz für die Bremszange und den Bremszylinder bekommen. Der Motor wurde per Spedition an einen Freund auf der Schwäbischen Alb geschickt. Der soll eine Bestandsaufnahme machen. Da bin ich mal gespannt, was da raus kommt. Mal sehen, wie der Motor die lange Standzeit überstanden hat.

Daten:
Modell: Hercules Wankel W 2000
Baujahr: 1975
Kilometerstand: 34.500
Anzahl Vorbesitzer: unbekannt
Bauzeit: 1974-1976
Gebaute Stückzahl: 1.784
Bestand heute: 150 angemeldet, insgesamt etwa 400 Stk. weltweit

2016: Rahmen ist beschichtet
Nach Jahren der Suche (und der Untätigkeit wegen Hauskauf) habe ich im Dezember 2015 endlich einen Satz nachgefertigte Dichtleisten gefunden. Da jetzt alle wichtigen Ersatzteile organisiert werden konnten, habe ich den Rahmen und die Anbauteile zum entrosten und pulverbeschichten gegeben. Dank Olli Schwab kam der Kontakt zu den Behindertenwerkstätten in Schleswig zustande, die sehr gute Arbeit gemacht haben. Danke auch noch mal an Olli für den Transport zurück.


Februar 2018: Wiederaufbau
Nach einem Besuch bei einem Wankelspezialisten im Februar 2018 besteht wieder Hoffnung für meinen Motor und der Wiederaufbau des Fahrgestells beginnt mit neuem Mut. Das Fahrwerk wird in 10 Tagen montiert. Jetzt macht sich die jahrelange Teilesuche positiv bemerkbar. Allein nach dem Lenkkopflager habe ich über mehrere Jahre immer mal wieder gesucht. Aus verschiedenen Kugellagern konnte ein passender Satz gebaut werden. Dann hab ich zum Glück ein passendes Kegelrollenlager gefunden, was auch schnell eingebaut war.
In der Bremspumpe vorne war der Kolben bombenfest. Kein Wunder nach 40 Jahren Standzeit. Mit WD 40, Wärmebehandlung, leichten Hammerschlägen und viel Geduld kam der Kolben dann aber raus und der Geber war schnell überholt.


01.07.2018 Läuft wieder!
Die Motorteile werden im Juni noch einmal penibel inspiziert. Die Excenterwellenlager und das Zwischenlager sind defekt. Glücklicherweise hatte ich mich vor ein paar Jahren bei einer Nachfertigungsaktion der Excenterwellenlager beteiligt. Diese sind wegen den hohen Temperaturen extra in einer Kleinserie gefertigt worden.
Der Vergaser macht trotz der Überholung nur Ärger und wird gegen einen gebrauchten originalen getauscht. Nach rund 40 Jahren Standzeit ist der Motor jetzt komplett überholt und macht einen irren Sound. Selten hatte ich bei einer Probefahrt so ein Grinsen im Gesicht.
Im Juli 2018 erfolgt die TÜV-Abnahme. Als ich die Hercules beim TÜV auslade, stellen alle Prüfer die Arbeit ein und kommen zur Wankel gelaufen. Mir wird sogar beim Abladen geholfen. Der Prüfer ist nach einer kurzen Probefahrt begeistert und die W2000 kann nach fast 40 Jahren wieder offiziell auf der Straße bewegt werden.

was passierte an der Wankel
2007
komplett zerlegt und gereinigt
Tank entrostet und beschichtet
2008
Radlager im Kettenradträger ersetzt
Vergaser gereinigt und überholt
2009
Neue Kette und Zahnräder gekauft
2010
Neuer Benzinhahn
Reparatursätze für Bremszange und Geberzylinder
Bremsbeläge vorne
Neue Reifen
2015
Dichtleisten und Excenterwellenlager als Nachfertigungen beschafft
2016
Rahmen und Anbauteile wurden entrostet, grundiert und in RAl 9006 (Stratos Silber) pulverbeschichtet.
2017
Ich habe ein Kegelrollenlenkkopflager gefunden
2018
Februar: Innerhalb von 10 Tagen wird das Fahrwerk montiert.Die Bremszange vorne wird überholt, die Bremse befüllt und entlüftet
Juni: Motoraufbau beim Wankelspezialisten. Getriebe geprüft. Vergaser ersetzt. Zündung eingestellt. Inbetriebnahme und Einstellungsfahrten.
Juli: TÜV-Abnahme und Zulassung
2020
Das Getriebe ist seit Inbetriebnahme an zwei Stellen leicht undicht. Nach 2.100 Km rutscht dann plötzlich auch noch die Kupplung durch. An den Kupplungsschrauben war der Sicherungsdraht gebrochen und eine Schraube hatte sich gelöst. Das Getriebe wird durch ein besseres ersetzt, neu abgedichtet und die Kupplung wird von der originalen Variante mit 7 Reibscheiben auf eine optimierte Variante mit 5 Scheiben umgebaut.
Nach 4.300 Km ist der Hinterreifen abgefahren und wird ersetzt. Neue Bremsbeläge in der Trommelbremse hinten werden montiert. Die Bremszange vorne blockiert manchmal und wird überholt.
2021
Im Juni habe ich bei einer gemütlichen Feierabendrunde plötzlich ein helles Klingeln vorne am Motor. Ohne Leistungsverlust komme ich heim. Einmal abgestellt springt die Wankel nicht mehr an. Nach Demontage von Lüfter- und Polrad finde ich den defekten Zündkontakt als Übeltäter. Ein neuer Kontakt wird montiert und die Wankel schnurrt wieder.
Juli: TÜV und Oldtimergutachten
November: Zulassung auf rotes Oldtimerkennzeichen
2022
Bei den letzten Touren im Herbst geht das Licht nicht mehr. Das Zündschloss wird als Fehlerquelle gefunden. Das ist ein Schwachpunkt der Wankel, da der gesamte Lichtstrom über das Zündschloss geführt wird. Ich montiere Relais für Abblend- und Fernlicht.
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